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Maximilian Kostka

Paul Delaroche

Cromwell devant le cercueil de Charles Ier.

1831, Öl auf Leinwand, 228,5 ✕ 295,5 cm

Hamburg, Hamburger Kunsthalle

Das Gemälde stellt einen historischen Übergang zwischen Monarchie und Republik dar.

Wird die Geschichte hier romantisch oder klassisch dargestellt?

Eugène Delacroix bezeichnete Delaroches Gemälde als Unsinn und malte seine eigene Version des Bildes, wie er es für richtig hielt. Delaroches Cromwell fehlt es im Vergleich zu Delacroix‘ romantischem Cromwell an der dem Moment angemessenen Emotion.

Eugène Delacroix

Cromwell devant le cercueil de Charles Ier

1831, Aquarelle , 25,5 × 33,5 cm

Paris, Louvre

Paul Delaroche

Cromwell devant le cercueil de Charles Ier.

1831, Bleistift auf Papier, 15,7 ✕ 12 cm

Paris, Louvre

Die Skizze zu Delaroches Gemälde, auf der Cromwell sehr emotional erscheint, zeigt, dass die Emotionen im fertigen Gemälde von Delaroche bewusst vermieden wurden.

Wenn sein Cromwell nicht romantisch ist, ist das Gemälde dann klassizistisch?

Paul Delaroche

Cromwell devant le cercueil de Charles Ier.

1831, Öl auf Leinwand, 228,5 ✕ 295,5 cm

Hamburg, Hamburger Kunsthalle

Delaroches Cromwell ist im Vergleich zu typischen klassizistischen Gemälden viel zu realistisch gemalt, um ein klassizistischer Held zu sein, der ein ewiges Ideal verkörpert.

Paul Delaroche

Cromwell devant le cercueil de Charles Ier.

1831, Öl auf Leinwand, 228,5 ✕ 295,5 cm

Hamburg, Hamburger Kunsthalle

Delaroches Cromwell ist weder romantisch noch klassizistisch. Die klassizistischen Helden sind Akteure einer große Erzählung. Für die romantischen Helden gibt es eine solche Erzählung überhaupt nicht. Delaroches Cromwell ist weder ein emotionales Individuum noch die Verkörperung eines ewigen Ideals. Welches Geschichtsbild wird hier also vermittelt?

Jakob Schlesinger

Bildnis des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel.

1831, Öl auf Leinwand, 36 ✕ 28.8 cm

Alte Nationalgalerie, Berlin

In der Einleitung seiner Vorlesung über die Geschichte schreibt Hegel das folgende: 

Diese unermeßliche Masse von Wollen, Interessen und Tätigkeiten [der Menschen in der Geschichte] sind die Werkzeuge und Mittel des Weltgeistes, seinen Zweck zu vollbringen, (…). (J)ene Lebendigkeiten der Individuen und der Völker, indem sie das Ihrige suchen und befriedigen, (sind) zugleich die Mittel und Werkzeuge eines Höheren und Weiteren (…), von dem sie nichts wissen, das sie bewußtlos vollbringen.

Paul Delaroche

Bonaparte franchissant les Alpes

1850, Öl auf Leinwand, 279.4 ✕ 214.5 cm

Walker Art Gallery, Liverpool

Historische Akteure sind einfache Individuen mit individuellen emotionalen Interessen (wie in der Romantik), agieren aber gleichzeitig durch ihr individuelles Handeln den größeren Willen der Geschichte, vollbringen etwas "Höheres und Weiteres" (wie im Klassizismus).

Jacques-Louis David,

Bonaparte franchissant les Alpes

1800, Öl auf Leinwand, 272 ✕ 237 cm

Château de Malmaison, Paris

Paul Delaroche

Cromwell devant le cercueil de Charles Ier.

1831, Öl auf Leinwand, 228,5 ✕ 295,5 cm

Hamburg, Hamburger Kunsthalle

In Delaroches Cromwell taucht genau ein solches Geschichtsbild auf: Cromwell hat mit seinem individuellen Handeln die Logik und Notwendigkeit der großen Erzählung ausagiert, ohne es zu wissen. Er hat etwas Höheres und Weiteres außerhalb seiner selbst vollbracht, obwohl er nur aus individuellen Beweggründen gehandelt hat und reflektiert nun ein wenig ratlos vor seinen besagten Feind über die größere Bedeutung seiner Taten.

Im Gegensatz zu den klassizistischen Helden scheint er seine Rolle in der Geschichte nicht zu kennen, aber im Gegensatz zu den romantischen Helden hat er eine solche Rolle, im Gegensatz zu ihnen ist er Teil einer großen Erzählung durch das Höhere und Weitere seiner Taten.